Zweikörpersystem
Wie stehst du zum Mond?
Ist er für dich ganz pragmatisch ein Trabant der Erde? Ein Himmelskörper? Der Gezeitenmeister? Reiner Hokuspokus?
Ich persönlich mag den Mond. Er ist ein Begleiter, der mein Herz berührt und mit dem mein Körper mittlerweile im Einklang schwingt. Gleichzeitig fasziniert er mich, so wie alles, was mit Astronomie zu tun hat. Heute Nacht wird er am Himmel nicht zu sehen sein und trotzdem ist er da. Er ist für mich fühlbar und auch die Erde weiß um seine Kraft. Das Meer reagiert auf ihn wie ein Uhrwerk, die Bäume und Pflanzen tanzen mit ihm im Rhythmus. Nur wir Menschen beäugen ihn mitunter etwas kritisch. Es wäre doch gelacht, wenn so etwas Einfluss auf unser Leben hätte. Wir wollen uns ja schließlich nicht kontrollieren lassen. Bei diesem Gedanken sind vor allem seine negativen Auswirkungen in unserem Fokus und wir tendieren zur Passivität. Fast so als würde uns dieser Ball am Himmel schaden wollen. Ich spüre, dass das nicht der Fall ist. Wir hören lediglich seine Musik nicht mehr und wissen daher nicht, welche Tanzschritte uns am leichtfüßigsten übers Parkett fegen lassen.
Es ist, als würden wir nur den Dirigenten sehen, während das Orchester für uns nicht mehr hörbar ist. Jetzt können wir uns natürlich fragen, ja aber warum hören wir das denn nicht? Und dann könnte eine lange Antwort folgen, was wir alles verlernt haben und Erklärungen darüber, wozu der moderne Mensch einfach nicht mehr fähig ist. Als Abkürzung können wir aber auch einfach nur die Frage verändern: Wollen wir denn das Orchester überhaupt hören?
Es kann gut sein, dass da jetzt als erste intuitive Antwort ein Ja kam. Gefolgt von einem vehementen Nein, das dich sogleich wieder aus diesem romantischen Gedanken reißt. Spätestens jetzt weißt du, warum du es nicht hörst. Das Nein ist womöglich gespickt mit undefinierten Gefühlen, vielleicht auch Ängsten. Ungewissheit macht das mit uns. Aber natürlich spielen da auch Erinnerungen, Erfahrungen und alte Geschichten eine Rolle, im Grunde alles, was wir dazu bewusst oder unbewusst abgespeichert haben.
Eine gute Nachricht: Um dich für die Musik des Mondes zu öffnen, musst du die Kontrolle nicht abgeben. Im Gegenteil, du kannst sie sogar zurückgewinnen. Nimm deinen Verstand unbedingt mit auf diese Reise. Auch in der Tanzschule ist zunächst noch alles etwas theoretisch. Du brauchst deinen Kopf, um die Schritte zu verstehen und in dir einzuspeichern, welche Drehung wann folgt. Während du mit deiner Partnerin oder deinem Partner dann die Abfolgen und Figuren übst, merkst du, wie die Bewegungen immer flüssiger werden und wie du immer weniger darüber nachdenken musst, wohin du wann steigen musst. Und irgendwann fühlt sich dieses Zweikörpersystem so harmonisch an, dass es einfach nur dein Herz berührt.
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